Ihmezentrum defragmentiert

Doku-Fiction von FILMBLICK Hannover in der Stoffentwicklung

Der 8. November 2011 - das Ihmezentrum wird gesprengt...

Das Ihmezentrum im Herzen Hannovers hat in den letzten Jahren nicht bloß politisch ein unaufhörlich brisantes Thema dargestellt. Von außen wird es zumeist gehasst, verschmäht und angefeindet. Die Antwort auf die Frage, was mit ihm geschehen soll, lautete in der Vergangenheit zumeist: „Abreißen!!“.

Dabei werden die Menschen in den rund 800 anhaltend stark frequentierten Wohnungen und knapp 40.000 qm Büroflächen schnell vergessen. Was würde mit den Bewohnern bzw. den Angestellten geschehen, wenn das Ihmezentrum auf einen Schlag nicht mehr existierte?

Geplant und erbaut wurde das derzeit moderne „Stadt in der Stadt - Konzept“ zu Beginn der 1970er Jahre. Starke Investoren für eine konzeptionell revolutionäre Ladenpassage waren schnell gefunden. 60.000 qm Gewerbefläche entstanden. Eigentümer und Mieter für die bereitstehenden Wohnungen und Verkaufsflächen ließen nicht lange auf sich warten. Ein glorreicher Start.

Doch schon wenige Jahre darauf begann die Konzeptidee zu bröckeln. Die einst so begeisterten Medien fingen an, den Betonklotz zu kritisieren und stuften ihn als „Wohnraum für sozial untere Schichten“ ein. Auch die Einkaufsmeile stieß auf wenig Begeisterung. Erste Läden waren gezwungen zu schließen, neue Mieter blieben aus. Renovierungsarbeiten und Verschönerungen waren auf Dauer nicht finanzierbar. Ein Teufelskreis.

Nachdem sich eine Vielzahl von Investoren am Ihmezentrum versucht hatte, musste der letzte große amerikanische Investor im Februar 2009 für das Bauvorhaben Insolvenz anmelden. Handwerker und Baubetriebe verließen die Großbaustelle über Nacht. Das Gebäude lag brach.

Längst ist allen Beteiligten klar, dass eine Sanierung der Bausubstanz dringend notwendig ist. Andernfalls ist abzusehen, dass sowohl die Bewohnbarkeit, als auch die Sicherheit und Standfestigkeit des Gebäudes in naher Zukunft angezweifelt werden muss.

Der Film beobachtet das Gebäude in seinen Einzelteilen. Von der höchsten Stelle auf dem Dach bis zum tiefsten Punkt in der „stillen Station“ (U-Bahn-Station). Er lernt jene Menschen kennen, welche das Ihmezentrum bewohnen, in bzw. an ihm arbeiten oder es als regelmäßiger Gast erleben. Da gibt es den neu zugezogenen Mieter und den Betreiber einer Kampfsportakademie. Den Besitzer des Briefmarkenladens, den Pizzalieferanten und die Prostituierte. Und viele mehr.

Unter anderem werden die Protagonisten in allen geführten Interviews darum gebeten, sich eine Sprengung des Ihmezentrums vorzustellen. Es soll deutlich werden, welche Konsequenzen mit einem solchen Vorhaben für die einzelnen Personen einhergehen würden.

Doch das Ende ist unabwendbar. Die Stadt blickt dem Ende einer Ära entgegen. Am 8. November 2011 um 11.36 Uhr Ortszeit fallen tausende Tonnen von Beton in sich zusammen. Was bleibt, ist eine riesige Staubwolke, die für lange Zeit in der Luft hängt.

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